Der Deutsche Hochschulverband (DHV) begrüßt, dass Bundeskanzler Olaf Scholz heute die Vertrauensfrage stellt und damit den Weg für Neuwahlen ebnet. „Nicht nur mit Blick auf die Felder Wirtschaft, Finanzen, Inneres und Sicherheit, sondern auch in der Wissenschaftspolitik fehlte der Ampel-Regierung zunehmend der gemeinsame Gestaltungswille – zum Schaden der Wissenschaft. Nach anfänglicher Aufbruchstimmung, für die exemplarisch die Dynamisierung des „Zukunftsvertrags Studium und Lehre stärken“ stand, herrschte am Ende überwiegend Stillstand“, konstatierte DHV-Präsident Professor Dr. Lambert T. Koch. „Zu einer maßgeblichen Verbesserung der Situation des wissenschaftlichen Nachwuchses kam es entgegen aller Ankündigungen nicht mehr, beim Forschungsdatengesetz ging es nicht voran und der so unabdingbare Austausch mit den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern stockte, da infolge der nervtötenden Fördermittel-Affäre das Vertrauen der Scientific Community in die Amtsführung von Bundeministerin Bettina Stark-Watzinger restlos aufgebraucht war. Ein inhaltlicher und personeller Neustart auf Basis eines schlüssigen Gesamtkonzepts ist daher dringend geboten.“
Koch hob hervor, dass es angesichts einer zu erwartend schwierigen Haushaltslage noch mehr darauf ankommen werde, in der künftigen Legislaturperiode Prioritäten zu setzen. „Wer den Wohlstand und die Innovationskraft sichern will, muss weiterhin in Bildung und Wissenschaft investieren“, betonte der DHV-Präsident. Dies setze in nahezu allen Fragen ein wieder konstruktiveres Miteinander zwischen Bund und Ländern voraus. Wenn sich der Wissenschaftsstandort Deutschland angesichts eines sich auch in diesem Sektor verstärkenden Fachkräftemangels behaupten wolle, müssten Bund und Länder endlich an einem Strang ziehen, um für attraktive Karriereperspektiven in der Wissenschaft zu sorgen. Erforderlich seien vor allem auch neue Karrierewege neben der Professur. Dringendsten Handlungsbedarf sieht Koch zudem beim Hochschulbau. Bund und Länder dürften es nicht achselzuckend hinnehmen, dass Hochschulen in ihrer Bausubstanz verrotteten und der Sanierungsstau immer unbeherrschbarer werde.
Trotz all dieser dringlichen Baustellen warnte der DHV-Präsident vor einem wahlkampfbedingten Überbietungswettbewerb an leeren Versprechungen: „Finanzzusagen, die nicht gedeckt und später einkassiert werden, schaden am Ende allen.“ Das zuletzt gewachsene Misstrauen in die Wissenschaftspolitik des Bundes werde dadurch nur vergrößert. Abgesehen davon gebe es auch erhebliche Reformbedarfe, die nichts kosteten und sogar Belastungen reduzieren könnten. „Wie die Wirtschaft ächzt die Wissenschaft, etwa im Vergabe- oder Arbeitsrecht, unter einer kaum noch überblickbaren Regelungsdichte, die Kräfte bindet, Vertrauen vermissen lässt und Motivation untergräbt. Ein bereits vielfach angekündigtes, aber niemals über Ansätze hinauskommendes Bürokratieabbau-Programm tut not. Mit einem Federstrich ließen sich in Wirtschaft und Wissenschaft Blockaden lösen und zusätzliche Energien und Kreativität zum Nulltarif wecken“, so Koch abschließend.