Augsburger Resolution zur Verbesserung der Bedingungen von Forschung und Lehre
Die Leistungsbereitschaft und die Leistungsfähigkeit der Universitätsprofessorinnen und -professoren sind trotz der seit Jahrzehnten verschlechterten Arbeitsbedingungen national und international anerkannt. Schon jetzt ist das Berufs- und Besoldungssystem an der Universität in hohem Maße leistungsorientiert. Die bayerischen Hochschullehrer weisen mit Empörung die Unterstellung zurück, sie seien nur durch eine neue Form "leistungsorientierter Besoldung" zu Leistungen in Forschung und Lehre zu bewegen.
Zusätzliche Leistungsanreize für die Gewinnung und Erhaltung von Spitzenforschern und fruchtbarer Wettbewerb zwischen den Hochschulen sind im Rahmen des geltenden Rechts und durch Elemente der Flexibilisierung des Besoldungssystems auch heute schon möglich, denn Fälle etwaigen Mißbrauchs wissenschaftlicher Freiheit können heute schon disziplinarrechtlich geahndet werden. Ein völliger Umbau des gesamten Hochschullehrer-, Beamten- und Besoldungsrechts ist weder erforderlich noch sachdienlich. Das ständige Herbeireden einer Krise zeugt von fehlendem Sachverstand und ist demotivierend und damit leistungshemmend.
Schon jetzt arbeiten Professoren im Durchschnitt 50 bis 60 Stunden in der Woche. Zahlreiche Leistungen werden am Wochenende und auf Kosten der Freizeit erbracht. Bei einer Absenkung des Grundgehaltes ist zu befürchten, daß hervorragende junge Wissenschaftler nicht mehr den Idealismus aufbringen, um in der Wissenschaft zu arbeiten, sondern sich für eine Karriere in der Wirtschaft entscheiden. Der oft gebrachte Hinweis auf niedrigere Gehälter im anglo-amerikanischen Bereich übersieht, daß dort Professoren an einem oder mehreren Tagen in der Woche eine feste Nebentätigkeit ausüben. Die Politik sollte also genau prüfen, ob eine solche Kompensationsmöglichkeit auf Kosten von Forschung und Lehre gewollt ist.
Allerdings lassen sich einige Schwachpunkte im jetzigen Hochschullehrerdienstrecht beheben. Eine Flexibilisierung ist anzustreben, Sperrfristen sind ebenso abzuschaffen wie die Altersgrenze von 52 Jahren für Berufungen.
Auch das Konzept des Kultusministeriums zur "Verbesserung der Lehre" wird der Realität nicht gerecht. Die Veränderung des Semesterturnus in Bayern in diesem Jahr bringt eine Verlängerung der Vorlesungszeit mit sich, so daß die Forschungszeit weiter verkürzt wird. Im internationalen Vergleich lehren deutsche Professoren mit einem Lehrdeputat von acht Stunden 25 - 30 % mehr als Professoren aus dem anglo-amerikanischen Bereich, die üblicherweise ein Lehrdeputat von 5-6 Wochenstunden haben.
Um eine weitere Benachteiligung im internationalen Vergleich zu beheben, wäre es wünschenswert, wenn die Möglichkeit bestünde, ein ganzjähriges Forschungsfreisemester (sabbatical) anzutreten, denn die Freistellung von der Lehrverpflichtung für ein Semester (6 Monate) ist in der Regel nicht ausreichend, um größere Forschungsprojekte zu verwirklichen.
Wer auf der einen Seite eine Bildungsoffensive fordert, darf auf der anderen Seite nicht ständig die finanziellen Mittel für die Ausbildung des akademischen Nachwuchses kürzen. Die Streichung von Lehrstühlen, Mitarbeiterstellen und Bibliotheksmitteln machen es von Jahr zu Jahr schwieriger, den hohen Standard in Lehre und Forschung zu wahren. Die in der Politik gerührte Diskussion zur "leistungsgerechten Besoldung" verdeckt letztlich nur die radikalen Sparpläne der Regierung. Auf diese Weise läßt sich eine Bildungsoffensive nicht erreichen.
Augsburg, 21. Juli 2000