Resolution des 48. Hochschulverbandstages 1998
1. Die deutschen Universitätsprofessoren haben seit über 20 Jahren bei gleichbleibender Personalausstattung die doppelte Zahl von Studenten ohne Qualitätseinbuße ausgebildet, in der Forschung international konkurrenzfähige Ergebnisse hervorgebracht und einen immensen Beitrag zur Erneuerung der Universitäten in den neuen Ländern geleistet. Vor diesem Hintergrund begrüßt der Deutsche Hochschulverband alle Bestrebungen, die Professoren leistungsgerecht zu besolden.
2. Alle Überlegungen, die Besoldung der Professoren leistungsgerechter auszugestalten, müssen zunächst darauf gerichtet sein, die Besoldung der Universitätsprofessoren in den neuen Bundesländern an die der alten Bundesländer anzugleichen. Die bislang bestehende finanzielle Ungleichbehandlung bei gleichem Amt in derselben Universität ist ungerecht, diskriminierend und leistungshemmend.
3. Der Deutsche Hochschulverband versteht unter der Leistung von Universitätsprofessoren ihre wissenschaftliche Leistung in Forschung, Lehre, Prüfung, Krankenversorgung und Nachwuchsförderung.
4. Wissenschaftliche Leistung ist vorrangig durch Wägen, weniger durch Wiegen, zu beurteilen. Aufgrund der besonderen Eigenart wissenschaftlicher Leistung kann der Hochschullehrer nicht wie ein Verwaltungsbediensteter unter Zuhilfenahme der allgemeinen Beurteilungskriterien für dienstliche Leistungen beurteilt werden. Der Hochschullehrer hat keinen Fachvorgesetzten. Art. 5 Abs. 3 des Grundgesetzes gewährleistet, daß seine wissenschaftliche Leistung ihrem Inhalt und ihrer Qualität nach beurteilungsfrei ist.
5. Diese Beurteilungsfreiheit schließt nicht aus, daß wissenschaftliche Leistungsfähigkeit mit den Mitteln des Wettbewerbs beflügelt wird. Dazu gehört nach Auffassung des Deutschen Hochschulverbandes vor allem die Berufung. Über sie entscheidet der Sachverstand der Fachvertreter. Die Berufung tritt an die Stelle der mangels Laufbahn dem Hochschullehrer fremden Beförderung und die Beurteilung durch den Dienstvorgesetzten. Mit ihr honoriert das gegenwärtige Besoldungssystem die individuelle wissenschaftliche Leistung. Die finanzielle Honorierung von Berufungen vermittelt einen am Markt der Wissenschaft orientierten Wettbewerb.
6. Allerdings bedarf das Berufungssystem einer grundlegenden Belebung. Die Standardisierung von Berufungszuschüssen ist ebenso wettbewerbsfeindlich wie die Kartellabsprachen der Kultusministerkonferenz über Berufungsaltersgrenzen und Berufungssperren.
7. Neben dem Abbau wettbewerbshindernder Berufungshindernisse bedarf es zur Honorierung der individuellen wissenschaftlichen Leistung der Eröffnung größerer Verhandlungsflexibilität. Dazu gehört die mögliche Vorweggewährung von Dienstaltersstufen, der Wegfall der Altersgrenzen bei Berufungen ebenso wie die Möglichkeit, über Zuschüsse auch bei einer Berufung auf eine C 3-Professur verhandeln zu können. Darüber hinaus sind nach Auffassung des Hochschulverbandes die Berufungsgewinne auf Kosten der Bleibegewinne zu erhöhen, um Mobilität mehr als bisher zu belohnen.
8. Um die wissenschaftliche Lehre zu stärken, befürwortet der Deutsche Hochschulverband ein Zuschußsystem, das besondere Leistungen in der Lehre belohnt. Um einen gerechten Ausgleich unter den Fächern zu finden, ist dazu allerdings eine Pauschalierung ebenso untauglich wie ein nach Köpfen bemessenes Hörergeld. Vielmehr bedarf es eines Kennzahlensystems, das die unterschiedlichen Arten der Lehrveranstaltungen fächerspezifisch unterschiedlich bewertet und die Zahl der anwesenden Hörer zu der Gesamtzahl der Studierenden in einem Fachbereich ins Verhältnis setzt.
Bamberg/Bonn, 28. März 1998